Diese Abwägung muss jeder für sich selbst treffen. Zuerst sollte einem bewusst sein, dass Schrauben aus VA andere Festigkeiten in Bezug auf Dehn- und Scherbelastung haben. Es gelten somit auch andere Drehmomente (siehe Lexikon). Durch die geringere Dehnung ist die Spannkraft bei gleichem Drehmoment geringer. Dies bewirkt auch, dass sich eine Schraube aus VA, richtig angewendet, primär leichter lösen kann. Aber verchromte Schrauben und Schrauben aus VA sind in einem Gewinde aus Leichtmetall nach einer Weile „selbstsichernd“. Schuld ist die elektrische Spannungsreihe, wie schon erwähnt. Da viele Schrauben mit imperialer Bemaßung niedrigere Köpfe und flachere Antriebe aufweisen, ist die Gefahr von Problemen recht hoch, wenn sie sich im Gewinde festgefressen haben.
Ich habe an vielen Stellen Schrauben aus VA verwendet, auch an einigen Positionen wo offiziell davon abgeraten wird. Die meisten habe ich mit Keramikpaste eingesetzt und keine einzige davon hat sich bisher in all den Jahren selbst gelöst. Falls es nötig war, konnte ich bisher auch alle dieser Verschraubungen problemlos wieder lösen. Es ist korrekt, dass alle Anzugsdrehmomente für saubere und trockene Gewinde angegeben sind. Es ist aber auch so, dass mögliche die Trennmittel entsprechend ihrer Beschaffenheit individuell unterschiedliche Reibminderung bewirken und dass im WHB für die meisten Verschraubungen ein Drehmomentbereich und kein fixer Wert für den kontrollierten Anzug angegeben ist. Ich halte mich meist am unteren Ende des angegebenen Messbereichs. Grade bei kleinen Drehmomentwerten wundere ich manchmal selbst, wie falsch mein Handgefühl diese einschätzt. Keramikpaste ist wesentlich näher an der natürlichen Reibpaarung als Schmieröl oder Fett. Auch flüssige Gewindesicherungsmittel reduzieren die Reibung etwas. Prinzipiell kann auch flüssige Gewindedichtung die Funktion des Trennmittels übernehmen. Dann muss es jedoch auf dem kompletten Gewinde aufgetragen werden, was auch nicht unproblematisch ist. Erstens setzt es dann, wie oben angegeben, die Reibung stärker herab als nur bei einem kleinen Tropfen. Zweitens besteht bei falscher Anwendung in Sacklöchern die Gefahr, dass überschüssiges flüssiges Dichtmittel in die Bohrung drainiert wird. Abhängig vom zur Verfügung stehenden Totraum kann dies zu einer vernachlässigbaren oder aber auch kritischen Drucksteigerung führen, was im Extremfall sogar eine Rissbildung hervorrufen kann.
An Pulley und Bremsscheiben bin ich persönlich keine Kompromisse eingegangen und habe die OEM-Schrauben laut Vorschrift des WHB verwendet.
Ich weiß, es sind wieder viele „wenns“ und „aber“ dabei, die zur Vorsicht mahnen. Ich kann einfach nicht guten Gewissens sagen, dass bei einem beliebigen Schraubentausch alles sicher ist. Aber ich denke, wenn man sich damit befasst, die eigene Situation sorgfältig abwägt und anschließend sauber arbeitet, dann ist fast alles möglich ohne einen Schaden daraus zu generieren.